Umgang mit den Emotionen meines Kindes
Kinder können schon in jungen Jahren Emotionen zeigen: Sie schreien, lachen, weinen, toben und kochen vor Wut. Sie sind jedoch oft nicht in der Lage, die zugrunde liegenden Emotionen vollständig zu klassifizieren und sind häufig überfordert. In einem entsprechenden Extremfall können sie auch enthüllt werden. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, wie Sie Ihr Kind in seiner Entwicklung begleiten und gemeinsam lernen können, mit seinen Emotionen umzugehen.
Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt
Kinder erleben ihre Umwelt ungefiltert. Vieles ist neu und die Erfahrungen regnen tonnenweise auf Sie herab. Die Reaktionen darauf sind vielfältig: schlechte Laune, aggressives Verhalten, Destruktivität, Schreianfälle, Schnappatmung, "Sturm" oder Übererregung und Unruhe sind Zustände, die alle Eltern kennen. Je nach Situation kann die Stimmung der Kinder plötzlich von himmelhoch jauchzend zu Tode betrübt wechseln und als Erwachsener können Sie den Stimmungswechsel oft nicht wirklich nachvollziehen.
Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass diese emotionalen Reaktionen von Kindern oft mit ganz normalen und kindlichen Überforderungen verbunden sind. Kinder wissen einfach noch nicht, wie sie mit bestimmten Situationen und den dadurch hervorgerufenen Emotionen umgehen sollen. Sei es die Langeweile während einer langen Autofahrt, die Enttäuschung, wenn etwas schief läuft oder die Angst vor dem Steilhang: Kinder können ihre Gefühle oft nicht kontrollieren - und das ist völlig normal.
Der Ursache auf den Grund gehen
Die Regulierung von Emotionen ist nicht angeboren, sondern vielmehr eine Eigenschaft, die wir im Laufe der Kindheit und darüber hinaus erlernen und entwickeln. Als Eltern können Sie Ihr Kind in diesem Prozess unterstützen und eine Schlüsselrolle spielen, indem Sie ihm helfen zu lernen, sich nicht von seinen Gefühlen überwältigen zu lassen und sich ihnen hilflos auszusetzen.
Es ist hilfreich, den Ursprung oder die Ursache am Zahn zu spüren. Ein quengelndes Kind quengelt nicht ohne Grund. Es gibt eine zugrunde liegende Ursache für das Quengeln, wie Müdigkeit oder Langeweile. Wenn das Kind dies erkennen kann und beispielsweise weiß, wie es sich selbst beschäftigen oder einschlafen kann, ist es in der Lage, das Problem zu lösen.
Es ist daher immer hilfreich, wenn Sie als Eltern auf einen Gefühlsausbruch Ihres Kindes nicht per se genervt reagieren. Damit befeuern Sie bloss die Negativ-Spirale, denn das Kind kann so nicht nur seine Emotion nicht regulieren, sondern erhält vielmehr einen weiteren Stressfaktor, der das ungute Gefühl nur noch verstärkt. Versuchen Sie vielmehr herauszufinden, was das Problem ist. Dabei empfiehlt es sich, wann immer möglich, das Kind direkt miteinzubeziehen.
Einen guten Überblick über mögliche Stressfaktoren hat der kanadische Professor für Philosophie und Psychologie Stuart Shanker erstellt. Er unterteilt sie dabei in emotionale, biologische, soziale und kognitive Kategorien:
Diese Kategorien weisen natürlich auch Überschneidungen auf, können jedoch trotzdem hilfreich sein, um mögliche Konflikte zu erkennen. Denn genauso wie das Kind lernen muss, mit seinen Emotionen umzugehen, gilt es auch für Eltern zu lernen, mögliche Auslöser und Muster zu erkennen, umso besser auf die Emotionen des Kindes eingehen, sie lösen und es in seiner Entwicklung unterstützen zu können. Potenzielle Ursachen dabei zu beobachten und einzuordnen, kann dabei helfen.
Wie eingangs aufgezeigt, muss Ihr Kind lernen, seine Emotionen zu regulieren und damit umzugehen und dabei können Sie es als Eltern unterstützen. Dies bedeutet nicht, dass Sie jedes Mal eine backfertige, handfeste Lösung für das emotionsauslösende Problem des Kindes haben müssen. Vielmehr geht es darum, Ihr Kind darin zu unterstützen, einerseits die zugrundeliegende Ursache zu erkennen, zu verstehen und ihm so auch die Möglichkeit zu bieten, sich einen Ausweg zu erarbeiten.
Ein guter erster Schritt dabei ist, Ihrem Kind überhaupt erstmal mitzuteilen, welches Gefühl bzw. welche Ursache Sie selbst bei ihm vermuten. Dem quengelnden Kind im Auto könnten Sie beispielsweise sagen, dass Sie denken, es sei gelangweilt. Ebenso können Sie Ihrem überdrehten, hibbeligen Kind mitteilen, dass Ihnen bewusst ist, dass es sich sehr freut und schon ganz nervös ist. So geben Sie ihm unaufgeregt einen Hinweis darauf, woran sein Gefühl liegen mag. Es kann so selbst das Gefühl besser einordnen und fühlt sich dadurch weniger davon überrollt. Indem Sie also Ihr Kind spiegeln, ermöglichen Sie ihm einen besseren Blick auf sein Gefühl. Oft reicht dies schon aus, denn wenn man weiss, womit man es zu tun hat, kann man es auch besser akzeptieren und einfach sein lassen.
Natürlich können die aus Erwachsenensicht oft übertriebenen Reaktion der Kinder schwierig sein und Eltern immer wieder vor eine Nervenprobe stellen. Es ist jedoch wichtig, die Emotionen Ihres Kindes trotzdem ernst zu nehmen. Auch wenn es sich aus Ihrer Perspektive um eine Lappalie handelt, über die sich Ihr Kind aufregt, aus seiner Perspektive sieht das Ganze anders aus. Bedenken Sie auch, dass es grundsätzlich kein “Richtig” oder “Falsch” gibt, wenn es um Gefühle geht und dass Gefühle zudem nicht wirklich weggeredet werden können. Wenn Ihr Kind also beispielsweise tieftraurig ist und weint, weilt der Sommervogel weitergeflogen ist, dann hilft es ihm viel mehr, wenn Sie es einerseits trauern lassen, denn auch Kinder dürfen traurig sein. Gleichzeitig können Sie ihm aufzeigen, dass es für den Sommervogel ganz wichtig ist, dass er von Wiese zu Wiese fliegen kann - die ideale Gelegenheit gemeinsam eine Geschichte zu spinnen und das Vorstellungsvermögen so anzukurbeln.
Kinder lernen sehr stark anhand dessen, was sie erleben. Sie kopieren entsprechend viel, auch Verhaltensweisen. Auch deshalb tragen Sie als Eltern einen immensen Anteil daran, wie Ihr Kind mit Emotionen umzugehen lernt. Wenn Sie selbst zu übertriebenen Wutausbrüchen neigen oder beispielsweise ungern bis gar nicht auf Gefühle eingehen, wird dies Ihr Kind mit grosser Wahrscheinlichkeit so übernehmen. Dies bedeutet mitnichten, dass Sie selbst keine negativen Emotionen haben und zeigen dürfen. Ganz im Gegenteil, auch negative Emotionen gehören zum Leben und Ihr Kind profitiert, wenn es auch solche kennt und damit umzugehen weiss. Seien Sie daher ehrlich und versuchen Sie nicht per se Ihre Gefühle zu verstecken. Ein offener und damit auch entspannter Umgang mit Emotionen fördert den konstruktiven Umgang damit.
Wenn Sie nun den Eindruck erhalten haben, dass Sie als Elternteil jede Reaktion Ihres Kindes auf eine Emotion akzeptieren müssen, dann trügt dieser Eindruck. Es ist sehr wichtig, die Emotion Ihres Kindes und sein Verhalten zu trennen, auch ihm gegenüber. Während Ihr Kind also durchaus wütend sein darf, muss es trotzdem lernen, dass dies nicht bedeutet, dass es deswegen jedes Mal einen Teller an die Wand schmettern darf. Dies zu lernen und auch zu üben, ist ein relevanter Teil des Lernprozesses für Ihr Kind.